Kirchgemeinde Rothenkirchen – Wernersgrün und Ev.-Luth. Paul-Gerhardt-Kirchgemeinde Schnarrtanne – Vogelsgrün | Teil 18: Die Gabe der Krankensalbung

Teil 18: Die Gabe der Krankensalbung

Die evangelische Kirche entdeckt seit einigen Jahren einen alten biblischen Brauch wieder: Die Salbung mit Öl.Weltweit praktizieren Christen die Salbung als ein Segenszeichen. In der Bibel finden sich unterschiedliche Anlässe, einen Menschen mit Öl zu salben: Salbung zur körperlichen Pflege, Salbungen von Priestern, Propheten und Königen, Salbung als Zeichen der Gastfreundschaft, Salbung von Toten und die Salbung der Kranken.
Im Markusevangelium lesen wir kurz nach der Aussendung der zwölf Jünger durch Jesus: „Die Jünger zogen aus und predigten, man sollte Buße tun, und trieben viele Dämonen aus und salbten viele Kranke mit Öl und machten sie gesund.“ (Mk 6,12f.)
In der jungen Kirche muss die Krankensalbung inklusive der Bitte um Heilung sehr intensiv genutzt und gespendet worden sein. Es wird sogar berichtet, dass Rabbinen (jüdische Lehrer), Christen aufgesucht haben sollen, um von ihnen geheilt zu werden. Die direkte, zarte Berührung der mit Öl segnenden Hände hat viele Gläubige aufgerichtet, geistlich gestärkt und Heilung mit sich gebracht.
Es bleibt rätselhaft, warum in der evangelischen Tradition die Krankensalbung derart in Vergessenheit geraten ist und auch heute kaum bekannt ist.
Vielleicht hängt es damit zusammen, dass sie oft als „Letzte Ölung“ verstanden und auch benannt wurde. Martin Luther wendet sich ausdrücklich gegen die Verwendung der Krankensalbung als Sterbesakrament. (Vgl. seine Schrift „Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche“) Außerdem wollte er die Krankensalbung nicht als Sakrament anerkennen. Sicherlich hängt es damit zusammen. Auch die Aufklärung, die sich über alles geistliche erheben wollte und ein rein rationales Denken in die Theologie eintrug, hat ihren verheerenden Beitrag zu einer Verkümmerung des geistlichen Lebens der protestantischen Kirchen geleistet.
Doch der Mensch ist nicht nur Geist, nicht nur Ratio. Wir sind leibliche Wesen. Nicht umsonst ist Gott Mensch geworden – „ins Fleisch gekommen“. Er begegnet uns so, dass wir ihn allumfassend erfahren können. Das geschieht durch das Wort (geistig) und durch äußere Dinge, wie z.B. den Sakramenten oder eben auch der Krankensalbung (leiblich). Die Salbung hilft zu glauben, dass der Himmel unter uns ist – so wie Jesus Christus, der von Gott Gesalbte, es versprochen und gelebt hat. Sie ist eine Zeichenhandlung der Pflege und Stärkung von Körper, Geist und Seele, der Feier des Schönen und Ermächtigung zum Leben.
Doch vor Allem ist die Krankensalbung ein Zeichen des Gehorsams gegenüber dem Wort Gottes und seiner Verheißung. Der Apostel Jakobus schreibt in seinem Brief: „Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn. Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herr wird ihn aufrichten.“ (Jak 5,14f.)

Was geschieht bei der Krankensalbung?
Die Krankensalbung wird empfangen, wenn eine Krankheit oder auch die Gebrechen des Alters einen Christen plagen. Mit der heiligen Salbung wird eine besondere Gnade gespendet und der Frieden Christi in besonderer Weise über den Kranken ausgegossen. Selbst konnte ich es mehrfach erleben, wie die Salbung zu innerem Frieden der Kranken führte und die Gegenwart, der Trost und die Hilfe Gottes für alle Anwesenden spürbar wurde.
Die Krankensalbung ist immer eng verbunden mit dem Bekenntnis von Schuld und der Bitte um Vergebung von Sünde. Nach einem Bittgebet um Heilung und Hilfe für den Kranken und seine Angehörigen wird unter Handauflegung für den Kranken gebetet, denn die Ältesten sollen „über dem Kranken“ beten, was nichts anderes als die Auflegung der Hände zum Gebet meint.
Danach erfolgt ein Dank und Lobgebet, dass die Güte und Liebe des Dreifaltigen Gottes preist. Im Anschluss daran erfolgt die Salbung, die immer mit einem Gebet verbunden ist, wie es Jakobus aufträgt. Gesalbt wird mit Olivenöl, dass gesegnet ist. Dabei wird in der Regel mit dem Salböl benetzen Daumen ein Kreuz auf die Stirn gezeichnet und etwa ein folgendes Gebet gesprochen: „Durch diese heilige Salbung helfe dir der Herr in seinem reichen Erbarmen, er stehe dir bei mit der Kraft des Heiligen Geistes. Amen.“
Nun erfolgt die Salbung auf den Händen. Hierzu wird gebetet: „Der Herr, der dich von Sünden befreit, rette dich, in seiner Gnade richte er dich auf. Amen.“
Wenn es gewünscht ist, kann im Anschluss an die Salbung das Heilige Abendmahl gefeiert werden.

Was bewirkt die Gabe der Krankensalbung?
Als Geste göttlichen Segens bestätigt die Salbung die Verbundenheit eines Christen mit Gott und erklärt seine Zugehörigkeit zu Jesus Christus. Sie vereinigt den Kranken mit den Leiden Christi für sein eigenes Heil. Eine Salbung am Krankenbett kann einem kranken Menschen helfen, seinen Lebensmut zu bewahren. Denn Heil und Heilung, seelische und körperliche Gesundung bedingen einander. Dabei wird Trost, Friede und Mut gespendet, um die Leiden der Krankheit oder des Alters christlich zu ertragen. Die Vergebung der Sünden wird gespendet.
Es kann Genesung von Krankheit geschehen sowie die Heilung an der Seele des Kranken erfolgen. Die Salbung kann auch helfen, Gebrechlichkeit und Krankheit, Siechtum und Sterben als Teile des eigenen Lebens anzunehmen.